Im Archiv der Volkshochschule Stuttgart stieß Anne-Christel
Recknagel auf den Namen Carola Rosenberg-Blume (* 1899 + 1987). Sie legte
dann begeistert von den Dokumenten und dem Ausmaß der Schaffenskraft die
Biografie einer der zentralen Persönlichkeiten der deutschen
Erwachsenenbildung vor und nahm sogar noch persönlichen Kontakt mit ihr
auf.
Der Industrielle Robert Bosch gründete 1918 den "Verein
zur Förderung der Volksbildung" und setzte seinen Freund Theodor Bäuerle
an dessen Spitze. Das Ziel der beiden war es, die nach dem Weltkrieg Not
leidende Arbeiterschaft besser auszubilden. Unter dem Dach des Vereins
entstehen die Volkshochschule und Abteilungen für Theater, Musik,
bildende Kunst, eine Bücherei, ein Verlag und vieles mehr. 1924
stellt Theodor Bäuerle eine 25-jährige Frau ein, die die Frauenabteilung
der Stuttgarter Volkshochschule aufbauen und im Sinne von Robert Bosch
leiten soll: Carola Rosenberg. Ihr gelingt es mit viel Ideen, Engagement
und empirischem Vorgehen erwachsenenbildnerische Pionierarbeit zu leisten
(vergl.: http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/323470):
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Organisation und Durchführende des Stuttgarter
Frauenprogramms
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Angebote, die Lernen, Sport und Gesundheit verknüpfen
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Durchführung von „Arbeitsgemeinschaften“
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Durchführung von Ferienfreizeiten
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Arbeiterinnenbildung (Fabrikkurse in 14 Großbetrieben)
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Durchführung von Arbeiterinnenfreizeit
1931/32 kann sie trotz schwieriger politischer und finanzieller Bedingungen
21.350 Belegungen vorweisen. Als typisch für ihr Engagement kann folgendes
Zitat gelten:
„Mit jeder neuen Mitarbeiterin wurden Ziele und Methode
unserer Arbeit besprochen. ... Selten benutzten wir den dafür von der
Volkshochschule gelieferten Fragebogen“ (zit. n. Recknagel 2002, S.
188).“
Aber Carola Rosenberg-Blume wird aufgrund ihrer jüdischen
Abstammung als eine der ersten Mitarbeitenden der Volkshochschule
entlassen. Vorgesetzte und die Kollegenschaft setzen sich nicht für sie
ein. 1937 emigriert sie zusammen mit ihren Mann und ihren zwei Söhnen in
die USA.
Als einzige Frau darf sie beim „Hohenrodter Bund“ 1926
ihr Erwerbslosenkonzept und ihre Frauenarbeit vorstellen. Ihr Vortrag wird
jedoch im Gegensatz zu den anderen Hohenrodter-Bund-Vorträgen nie veröffentlicht.
Auch auf der sog. „Weiß-Liste“ von Fritz Borinski zum Aufbau der
Erwachsenenbildung (Re-Education) nach 1945 taucht sie nicht auf. Sie wird
nie rehabilitiert, hat sich aber in den USA erneut wieder ein empirisches
Tätigkeitsfeld in der Kinderpsychologie geschaffen und promoviert noch
einmal.
Bis heute fehlt noch zu oft ihre Erwähnung und Würdigung, z.B. in
Lehrveranstaltungen der Geschichte der Erwachsenenbildung, obwohl
inzwischen eine eindrucksvolle Dokumentation und Rezensionen zum Leben und
Werk vorliegen:
Anne-Christel Recknagel: "Weib, hilf dir selber!"
Leben und Werk der Carola Rosenberg-Blume. Hohenheim Verlag, 25 Euro
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